Kamboscha. Grenzübergang – tollkühn, abenteuerlich oder komplett bescheuert.

Nachdem ich fast nur Horrorgeschichten über den Grenzübergang in Poipet gelesen und gehört habe und bis auf eine Ausnahme jeder schlechte Erfahrungen von der Buchung mit einer Travel Agency zu berichten hatte; dachte ich mir ich probier das auf eigene Faust. Im Lonely Planet war das recht einfach beschrieben und wie schwer kann es sein knapp 200km an einem Tag zurück zu legen. Nicht so einfach wie vermutet – aber absolut die Erfahrung wert.

Von Ko Chang zum Festland – einfach. Taxi bis zum Hafen, Fähre vor Ort kaufen und rüberschippern. Erster Hinweis, dass ich vielleicht eher die Ausnahme bin war, dass ich der einzige „Backpacker“ auf der Fähre war, aber gut – war ja auch noch früh am Morgen.

Beim Aussteigen hat mich eine Australische-Thai Familie angesprochen ob wir uns das Taxi nach Chantaburi teilen wollen. Ich war mir noch nicht mal sicher, ob es überhaupt eine Verbindung direkt nach Chantaburi gibt oder ob ich erst den Umweg nach Trat machen muss. Dankbar, dass Mutter gebürtige Thailänderin war und entsprechend handeln konnte, bin ich mit den Dreien im Sorngtaou (die Pick-Up Taxis mit zwei Bänken auf der Ladefläche) bis zu einer Stadt ohne Namen gefahren. Da war dann das verbindene Reisebüro, die Damen dort haben heftig diskutiert als ich gesagt hab, dass ich gerne zum Grenzübergang nach Pong Nam Ron möchte und versucht mir einen anderen aufzuschwatzen.

Dass ich drauf beharrt habe zu dem zu fahren, hab ich später noch bereut. Da hat uns dann ein öffentlicher Bus eingesammelt, der Australier und ich waren die einzigen „Farangs“ dadrin und wurden argwöhnisch beobachtet. Der Australier war aber auch der einzige Ausländer, den ich ab dann für die nächsten 10 Stunden gesehen habe. Der Bus hat mich an der Straße, quasi im Niemandsland rausgelassen – Bushaltestelle Fehlanzeige. Kam ich mir vor ein paar Stunden noch sehr schlau vor, hab ich jetzt zum ersten Mal gedacht, dass die ganze Aktion vielleicht eine dämliche Idee war.

Froh irgendwas bekanntes zu sehen, bin ich erstmal in den 7/11 Supermarkt in der Hoffnung das da jemand Englisch spricht. Stattdessen gab es verhaltenes Lächeln und Interessiertes Beobachten. Unterhalten kann man sich ja auch mit Google Translate. Die waren zwar alle hilfsbereit aber so richtig verstanden was ich wollte – nämlich irgendein Gefährt zur Grenze – hat niemand. Die eine Dame hat ihren Ehemann vorbeigerufen, der mich wieder zurück nach Chantaburi fahren wollte.

Schließlich wurde ich von einem Soldaten angesprochen, ich sah wohl zu diesem Zeitpunkt schon verdammt verzweifelt aus. Wusste ja noch nichtmal wie der Ort heißt in dem ich gestandet war, was wenn ich hier nicht wegkomme? Ein Hotel gibts hier wohl nicht. Busse fahren vielleicht nicht mehr. Keiner weiß wo ich bin. Kein Wifi. Mich könnte einfach jemand verschleppen und das würd erstmal nicht auffallen. Aber ich glaub ja an das Gute im Menschen.

Der Soldat hat mich zu einem Street Food Stand gebracht, die anscheinend auch Minivan Tickets verkaufen. Nach drei Stunden warten, kam dann auch ein Auto. Der Fahrer war hochgradig selbstmordgefährdet, die Überholmanöver so gewagt, dass man in Deutschland wahrscheinlich schon eine Geisterfahrerwarnung rausgegeben hätte. Ich war unendlich froh auf einem Straßenschild das englische Wort „Border“ zu lesen. Der dazugehörige Ort war allerdings auf keiner Karte zu finden. Egal, hauptsache Grenze und dann mal weitersehen.

Der Grenzübergang in Bai Leam hat wohl schon wochenlang keinen Ausländer mehr gesehen, und so hatte ich sobald ich aus dem Minivan ausgestiegen war eine kleine Gruppe Thais um mich herumschwirren. Die Immigration Officers haben mich auch eher belustigt angeschaut und sich offensichtlich gewundert warum und wie ich an diesen Ort gekommen bin. Do you have passport? Or do you need one? Ne danke, ich würd nur gerne nach Kambodscha.

Den Visa Antrag hat dann ein Herr für und mit mir gemacht, der mir dann auch nach der Grenze nicht von der Seite gewichen ist, bis ich im Taxi saß. Schwer zu sagen ob er wirklich einfach nur besorgt war oder mich über den Tisch gezogen hat. Auf der kambodschanischen Seite waren die verwunderten Blicke noch schlimmer. Die dreistündige Taxifahrt von der Grenze bis nach Battambang habe ich in einen Fünfsitzer mit dem Fahrer, einer fünfköpfigen Familie und einem Bauer, den wir unterwegs mit seinen Waren aufgepickt haben, verbracht. Die Mutter war so besorgt um mich, dass sie mir die Nummer ihrer englischsprechenden Schwester in Phnom Penh zugesteckt hat.

Die Fahrt durch Hinterland war dann irgendwie magisch. Dann und wann ein Dorf, vorbei an Schulkinder auf Fahrrädern, Bauern auf den Feldern, Kühe auf den Straßen und Sonnenuntergang am Horizont. Plötzlich war ich unendlich dankbar nicht ein einem klimatisierten Bus mit 30 anderen Backpackern zu sitzen und über eine trostlose Hauptstraße zu brettern.

Nach Sonnenuntergang bin ich in Battambang, eine Kleinstadt mit wenig Touristen angekommen. Der ganze Tag war eine Achterbahn der Gefühle, letztendlich bereue ich die Entscheidung das auf eigene Faust zu machen auf keinen Fall und bin sehr dankbar für die Erfahrung. Raus aus aus der Komfortzone immer mit der Zuversicht, dass es schon irgendwie weitergeht. Ich glaube ich hatte noch nie so einen authentischen Einstand in ein Land und bin jetzt noch mehr auf Kambodscha – das ich eher als Durchreiseland angesehen habe – gespannt.

Januar 2015.

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