Heilfroh in Siem Reap angekommen zu sein, wollte ich das noch das Meiste aus dem angefangenen Tag machen und hab mich zum Sonnenuntergang von einem TukTuk nach Angkor Wat fahren lassen. Wenn man ein Ticket für den nachfolgenden Tag kauft, darf man sich den Sonnenuntergang umsonst ansehen. Der Sonnenuntergang war ganz nett, der Tempel schön – aber die Magie von diesem Ort ist da noch nicht so bei mir angekommen. Stattdessen sind mir die Riesigen Touristengruppen, Kokosnuss- und Guidebook Führer aufgefallen. Als ich mich dem Gewusel entziehen wollte und bei einem kleinen Tempel kurz hingesetzt habe, haben mich plötzlich 10 aufgeregte Chinesinnen mit riesigen Kameras fotografiert. Beautiful Girl, Look here! No, Look to me. Smile!! Oh so Pretty. Wer sich mal wie ein Popstar fühlen sollte, blonde Haare scheinen da zu helfen. Zugegebenermaßen, die Fotos die die Damen gemacht haben waren sehr gut. John, mein TukTuk Fahrer hat auf mich gewartet und mich wieder zurück gefahren.
Den Abend hab ich mit zwei Jungs aus meinem Hostel auf dem Night Market, Old Market und der Pub Street verbracht. Bei Fußmassagen für 2$ kann man nicht „Nein“ sagen, Fruitshakes gehen immer, angewidert frittiere Spinnen und Schlangen anschauen, zum Hundertsten Mal die gleichen Elefanten-Schlabberhosen angeboten bekommen und angeblich echten Silberschmuck zu Dumpingpreisen runterhandeln – ein normaler Abend in Südostasien. Rodi aus London hat mir mit einer geschenkten Tüte Haribo den besten Leckerbissen seit Tagen verschafft. Danke dafür!!
Die wahre Schönheit von den Tempeln von Angkor Wat hat sich mir dann am nächsten Tag eröffnet. Im Morgengrauen bin ich mit Becca und Rose aus England die halbe Stunde aus Siem Reap bis nach Angkor Wat rausgeradelt, wir waren zwischenzeitlich die einzigen auf der Straße, ohne Licht am Fahrrad bzw. Straßenbeleuchtung. Ein Hoch auf Rose’s Klingel, die einfach durchgängig bebimmelt hat.
Den Sonnenaufgang haben wir bei Angkor Wat gesehen – ist halt ein Sonnenaufgang. Schön aber noch nicht atemberaubend. Danach dann zum Bayon Tempel, da ist man den Touristen wirklich nur auf den Füßen rumgetreten. Rose und Becca sind dann zurück – die hatten die große Runde gestern schon gemacht. Ich bin alleine zum Preah Khan Tempel, hab mich erstmal in den Schatten gesetzt und noch mal in Ruhe die Geschichte von diesen Anlagen gelesen. Unglaublich, dass hier mal eine Metropole war, während London im Prinzip noch ein Dorf war. Und heute können wir immernoch auf den tausend Jahre alten Steinen rumstapfen.
Sobald man die Haupttempel und somit auch die Menschenmassen hinter sich gelassen hat, entfaltet sich die wirkliche Schönheit dieses Ortes. Wie aus dem nichts tauchen im Wald plötzlich Tempelruinen auf, hunderte Buddah-Gesichter schauen auf einen herab, das Vogelgezwitscher wird nur dann und wann von einem „Hello Miss, you want Coconut or cold Water“ zerstört. Bei Gebäuden von so großer historischer Bedeutung ist es fast ein bisschen surreal dass man fast alles anfassen kann und ohne Probleme auf die Berge von Steinen klettern kann und sich wie Indianer Jones höchstpersönlich fühlt.
Wunderschön ist natürlich der Tomb Raider Tempel Ta Prohm – die Bäume erobern die Steine zurück. Ein gutes Beispiel dafür, dass wenig von Dauer ist und die Natur am Ende alles Menschengebildete wieder an sich anreißt. Der Mensch scheint da nur eine Fußnote in der Geschichte der Erde.
Mein persönliches Highlight habe ich am frühen Nachmittag ereicht; den Pre Rup. Wunderbar erhalten und unglaublich schön. Zudem konnte man von hier aus über das ganze Areal schauen. Danke unbekannterweise an den Amerikaner, der mich überredet hat mal wieder die unendlich steilen Treppen zur obersten Plattform hochzuklettern.
Anscheinend ist es eher ungewöhnlich die große Tempelrunde mit dem Fahrrad an einem Tag zu machen, jedenfalls haben mich die Tempelwärter alle ungläubig angeschaut als ich gefragt hab wie ich zum Phnom Bakheng komme zum Sonnenuntergang. But Miss, its 15 Kilometers?! Ehm ja, eine der ersten Lektionen in Kamboscha hatte mit die Rezeptionsdame in Battambang beigebracht: we’re on Khmer time here. Das gleiche gilt wohl auch für Kilometer. Habs natürlich noch pünktlich zum Sonnenuntergang geschafft, vorbei an grasenden Kühen und neugierigen Affen.
Für den letzten Tempel brauchte man lange Hosen – so kam ich in den Genuß ein weiteres Paar Travel Pants erwerben zu müssen. Dann gings wie beim Viehauftrieb hoch auf den Berg. Eine Riesenschlange um überhaupt auf den Aussichtspunkt zu kommen, unverschämterweise hab ich mich mit zwei Mädels einfach vorgedrängelt und auf verwirrtes Blondchen gemacht. Muss auch mal sein.
Der Sonnenuntergang. Ja schön, aber die hundert Menschen um einen rum waren mehr damit beschädigt lustige Selfies oder irrsinnig kreative Fotos zu machen wie sie die untergehende Sonne halten, essen oder küssen. Diese Sonnenauf- und Untergänge – naaaaja. Hat sich in sofern gelohnt, als das ich so maximal viel Zeit in den Tempeln hatte. War 14 Stunden in der Affenhitze unterwegs und nie so dankbar über eine Dusche wie an diesem Abend. Mit dem Fahrrad durch den städtischen Abendverkehr war interessant bis lebensmüde. Wichtigste Regel: keine hektischen Bewegung einfach immer Langsam im Verkehr mitschwimmen.
Was für ein beeindruckender Tag – mit über 500 Fotos. Ich glaub, 14 Stunden gingen selten so schnell rum wie heute.
Januar 2015.
