Der Nachtbus von Siem Reap nach Phnom Penh war eher ein fahrendes Hostel. Tatsächliche Betten, Trinkwasser und Erfrischungstücher. Nur die extrem holprige Straße hat gestört. Als wir im Morgengrauen dann in der Hauptstadt angekommen sind, ist mir als erstes aufgefallen, dass ich bis auf die paar Stunden in Bangkok schon fast drei Wochen Land keine Häuser, die mehr als 4 Stockwerke haben, gesehen habe.
Phnom Penh steht im Lonely Planet als „Pearl of Asia“ beschrieben bzw. dass die Stadt auf dem Weg dahin ist wieder dazu zu werden. Mich hat die Stadt eher ein bisschen runtergezogen. Ich glaube, grade hier trifft einen die Geschichte von Kambodscha wie ein Schlag ins Gesicht. Natürlich hatte ich mir den Abschnitt dazu im Reiseführer mal durchgelesen, aber war trotzdem nicht auf die Grausamkeiten vorbereitet mit denen ich dann auf den Killing Fields konfrontiert wurde.
Bin direkt am ersten Tag nach einem kurzen Nickerchen mit Mateusz aus Deutschland und auch aus meinem Hostel mit dem TukTuk auf Schotterpisten zu den Killing Fields of Choeng Ek gefahren. Die Audiotour, die man dort bekommt ist wirklich empfehlenswert. Das Gelände siehts eher aus wie ein verlassener Obstgarten, aber die Gruben verraten die Abscheulichkeiten, die hier passiert sind. Unter Pol Pot haben die Khmer Rouge hier nicht-systemkonforme Kambodschaner gefoltert und ermordet. Die Besucher laufen auf Knochen (ja echte Knochen. Die werden in der Regenzeit immer wieder hochgespült) und Stofffetzen der Opfer. War man vorher nicht schon den Tränen nahe, ist man es spätestens an dem Killing Tree – hier wurden Babies und Kinder dran zertrümmert. Die unzähligen Totenköpfe im Denkmal bieten dann den tragischen Abschluss. Ich fand es irgendwie geschmacklos viele Fotos an diesem Ort zu machen, daher hab ich auch keine davon hochgeladen.
Auch wenn wir nicht viel gesprochen haben, war ich heilfroh nicht alleine an den Ort gekommen zu sein. Nachmittags haben wir uns noch das Toul Sleng Museum angeschaut. Hier sind Bilder der Opfer, die ehemaligen Zellen und Foltergegenstände ausgestellt. Die rasch zusammengezimmerten Zellen in dem ehemaligen Schulgebäude und eindringlichen Fotographien der Opfer – meistens kurz vor deren Tod haben mir den Rest gegeben. Am Abend bin ich nur noch planlos durch die Straßen gelaufen und hab die Stadt auf mich wirken lassen. Unglaublich, dass das grade mal 35 Jahre her ist. Und noch unglaublicher, dass die Verantwortlichen nie wirklich zur Rechenschaft gezogen worden sind. Unglaublich, wie ausgelassen, freundlich, neugierig und sprudelnd die Leute hier dennoch oder vielleicht grade deswegen sind.
Am zweiten Tag bin ich die anderen Sehenswürdigkeiten der Stadt abgelaufen, den Royal Palace, das Independance Monument, verschiedene Tempel, den Central Market und kleinere Gassen. In der brüllenden Hitze machen das wohl die wenigstens, ich wurde jedenfalls oft belustigt beobachtet. Obwohl dies ja die Hauptstadt ist, sieht man auf den Straßen eher wenige Touristen, dafür Mengen an Kindern und TukTuk Fahrer. Die alle nur eine Tonlage haben und wenn ich noch einmal „Lady, TukTuk?“ höre, flippe ich aus.
Die Stadt selber ist dreckig und voll, keine Schönheit aber trotzt voller Leben und Energie. Ich konnte dennoch nicht aufhören, mir vorzustellen wie es hier wohl bei der Machtübernahme der Khmer Rouge zugegangen sein muss. Innerhalb eines Tages mussten die Bürger alles zurücklassen und zum arbeiten auf die Felder. Jeder, der älter als 35 ist muss lebhafte Erinnerungen an diese Zeit haben – trotzdem merkt man davon in Alltag nichts. Es ist nur auffällig, wie jung insgesamt die Bevölkerung zu sein scheint.
Eines der tollsten Gebäude have ich zufällig in einem Hinterhof gefunden, „The Mansion“ – eine Ruine vermutlich aus der Zeit der Franzosen, ist jetzt abends eine Bar. Die Wände könnten bestimmt spannende Geschichen erzählen. Ein weiteres Highlight war der französische Crêpe Stand – betrieben von einem Franzosen. Nach Ausgehen war mir dort abends nicht.
Ja, Phnom Penh hat mich mitgenommen aber war gleichzeitig auch wichtig um Kambodscha mehr zu verstehen und um über Weltwunder und Strände hinauszublicken.
Januar 2015.
