Hanoi, Vietnam. Pho Bo und Flüsterkneipen.

Zwei Tage bevor wir in die Halong Bay aufgebrochen sind, bin ich Hanoi angekommen. Da war der eigentliche Neujahrs/ „Tet“-Tag ja eigentlich schon seit drei Tagen vorbei, Vietnamesen feiern aber nun mal gerne und lange, also war die Stadt immer noch wie ausgestorben. Eingecheckt hab ich in das Hanoi Backpackers, ein ziemlicher Backpacker Bunker über 5 Etagen mit großem Movie Raum, Bar und Restaurant. Außerhalb vom Hostel war dagegen wirklich nix los.

Am ersten Tag bin ich in aller Herrgottsfrühe morgens aus dem Nachtbus gestiegen und dann durch die Stadt gestromert. Der leichte Nieselregen und die verrammelten Läden haben den ersten Eindruck von der Stadt bestimmt. Trotzdem hat mir die Stadt besser gefallen als zum Beispiel Ho Chi Min. Hanoi wirkt ein bisschen, wie die coolere Schwester. Ein bisschen abgebrühter, bisschen authentischer und nicht so bemüht. Schön im klassischen Sinne ist die Stadt nicht, eher abgewrackt aber eben sehr asiatisch. Straßencafes und Pho Stände noch und nöcher und die omnipräsenten Roller, die hier besonders skrupellos fahren. Die ganze Stadt wirkt aber viel kleiner, kleine Gässchen und nicht so weitläufig wie Ho Chi Min.

Die Stadt hat als Hauptstadt Vietnams natürlich ein paar Touristenattraktionen. Das Hoa Lo Gefängnis (das zur Abwechslung mal auf das französische Beteiligung in der vietnamesischen Geschichte eingeht), das Kriegsmuseum und natürlich das Mausoleum von Ho-Chi-Min und das Old Quarter hab ich alles an einem Tag abgefrühstückt. Hanoi fühlte sich für mich eher nach einer Stadt an durch die man sich mit offnen Augen treiben lässt, anstatt Touripunkte abzuarbeiten. Skurriles Detail am Rande; vor dem Ho Chi Min Mausoleum hab ich ungefähr nacheinander 10 Säuglinge wortlos in den Hand gedrückt bekommen und Fotos von mir mit dem Kind zu machen. Ich war viel zu beschäftigt die lieben Kleinen nicht fallen zu lassen, als ersthaft zu hinterfragen, was das jetzt sollte.  Hanoi ist eine gute Stadt um möglichst viel Pho Suppe auf Plastik Stühlen zu essen und einen vietnamesischen Kaffe nach dem nächsten zu trinken.

Hanoi’s Nachtleben ist etwas speziell, man trifft sich erst in den Staßencafes, die so nah an der Straße stehen, dass der Fahrtwind von den Rollern regelmäßig einmal die Haare durchpustet und zieht danach in die Bars. Die haben aber offiziell eine Sperrstunde, nach außen hin werden die Rollos runtergezogen – dahinter geht die Party aber weiter. Eine spezielle Erfahrung dieser Art hab ich mit Felix und Julian an einem Abend gemacht.

Wir wollte eigentlich nur ein Bier in einer Bar trinken, als uns ein Vietnamese in perfektem Englisch anspricht und uns zu sich an den Tisch einlud. Wir waren zwar etwas skeptisch aber auch zu neugierig um die Einladung auszuschlagen. Viet, unser Gastgeber ist Unternehmensberater und macht grad seinen Tet Urlaub in Hanoi, seine anderen einheimischen Freunde waren schon quasi auf dem Nach Hause Weg und somit hat er uns zu ungefähr allem was auf der Karte stand eingeladen. Und – ja ich weiß was man denkt, wenn man einfach so von Fremden eingeladen wird – ihr denkt falsch. Er wollte einfach nur Gesellschaft als Gegenleistung, zudem hat mir jemand danach erklärt gilt es einfach als schick Westler am Tisch zu haben. Außer uns waren in der Bar nur Einheimische, die auch kräftig dem Whiskey gefrönt haben und gar nicht genug Fotos mit uns machen konnten. Der Abend war sehr merkwürdig aber unfassbar witzig. Als wir gehen wollten, wurden die Rollos hochgezogen und wir mussten uns leise rausducken und standen wieder auf der Straße – von außen nicht erkennbar was drinnen abgeht. Sperrstunde heißt ja nicht, dass man nicht feiern darf, man muss nur wissen wo die sogenannten „Flüsterkneipen“ sind.

Wie schon in den letzten Tagen und Orten hat sich auch in Hanoi wieder die Dalat Gruppe zusammen gerottet, unabgesprochen sind wir alle wieder im gleich Hostel gelandet. Rose & Becky, John & Jenny, Owen & Siobhan, Patrick & Mikey und noch ein paar andere bekannte Gesichter. Das sollte aber auch das letzte Mal sein, dass wir alle zusammen an einem Ort waren – danach haben sich alle vertreut, nach Sapa in den Norden, direkt nach Laos oder einfach noch länger in Hanoi.

Ich mochte Hanoi, für mich kommt hier vieles zusammen, was ich an Vietnam schätzen gelernt habe. Ein stolzes Land, gastfreundliche mit gutem Essen, aber auch unaufgeregt und nicht immer zu beeindruckt von den Touristen, die Nähe zu großartiger Natur, extrem wuselig und unübersichtlich, aber auf asiatische Art und Weise schön. Ich wäre gerne länger in Vietnam geblieben und bin mir fast sicher, dass ich noch mal wieder komme. Und wenns nur für den Kaffe ist.

Februar 2015.

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