Reisen ist anstrengend. Und manchmal braucht man vielleicht einfach ein paar Tage Urlaub vom Reisen. Einzelne Tage oder Momente in denen ich erschöpft war, keine Lust mehr auf Busfahren, Orientieren und Entscheidungen hatte, waren schon mal vorgekommen. Und da hat meistens schon ein halber Tag des Nichtstun gereicht um der aufkommenden Melancholie Abhilfe zu schaffen. Aber irgendwie hatte ich dieses Mal das Gefühl ich brauchte eine etwas längere Auszeit. Bekannte Gesichter und bekannte Wege und vor allem keine Entscheidungen, die über Pad Thai oder Green Curry hinausgehen…
Ich habe also mal wieder die zweite Nacht in Folge in einem Nachtbus verbracht und bin im Morgengrauen an der Fähre nach Koh Tao angekommen. Irgendwie hatte ich noch geglaubt hier dann Felix, Julian, Alex und Sabrina wiederzutreffen. Aber immernoch nicht. Stattdessen habe ich mit drei Jungs aus München um 6 Uhr morgens das erste Chang Bier getrunken und die Drei im Uno abgezogen. Die zweistündige Fährüberfahrt war ich einfach nur voller Vorfreude, als sich die Insel und das vorgelagerte Koh Nang Yuan im Morgengrauen abgezeichnet hat, war ich mir absolut sicher mit meiner Entscheidung zurück zu kommen. Mit den Münchner Jungs hab ich mir noch ein Taxi geteilt und in mein Hostel eingecheckt. So schön es ist, neues zu Entdecken – so angenehm kann es auch sein, wenn man sich einfach schon ein bisschen auskennt.
Die fünf Tage auf Koh Tao waren von Yoga am Morgen und Sonnenbaden im Maya Beach Club geprägt. Die Abende wurden mit Riesenpizzen, Pub Crawls und Live Musik im Fishbowl verbracht. Es war wirklich ein bisschen wie nach Hause kommen. Rose und Becky sind nach zwei Tagen zwar schon abgereist, aber haben mir ihre Freundin Simone aus Dänemark da gelassen. Felix, Julian und ich sind mit Motorrädern über die Insel gefahren, haben uns von Alex und Sabrina die schönsten Aussichtspunkte und die besten Schnorchelplätze zeigen lassen. Jeder Tag irgendwie ein Sonntag… Vom Koh Tao Tattoo (= Schürfwunden vom Rollersturz) sind wir verschont geblieben, abgelegt haben wir uns auf den steilen und sandigen Bergstraßen trotzdem.
Ich kann leider nicht genau erklären, was grade Koh Tao für mich so besonders macht. Schon bei meiner ersten Solotour durch Thailand im vergangen Jahr waren die drei Tage auf der Insel die sorglosesten und entspanntesten. Klar, die Insel ist traumhaft schön, aber vergleichbare Strände und Aussichtspunkte gibt es mit Sicherheit auch anderswo – mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch schöner. Die Insel ist auch komplett touristisch, die paar Siedlungen wo nur Einheimische leben findet man nur vereinzelt im Hinterland. Die thailändische Mafia hat eigentlich den ganze Sairee Beach unter Kontrolle und der Mordfall an einem englischen Pärchen ist auch nicht unvergessen. Und dennoch trübt nichts davon nachhaltig meine Begeisterung.
Ich mag die überschaubare Größe der Insel und irgendwie auch die Gradlinigkeit des Tourismusses hier. Es wird noch krampfhaft versucht das einheimische Leben abzubilden, man lebt halt hier von den Tauchern, den feierwütigen Engländern – die jeden Tag vom Partyboat torkeln, den paarungsbereiten Spaniern und Agentiniern, die keine Strandparty auslassen und den braun gebrannten Skandinaviern, die sich wie die Brathähnchen am Strand wenden.
All die aufregenden Abendteuer und spannenden Erlebnisse brauche vielleicht einfach den Ruhepol von einem Fleck Erde, den man gut kennt und wo man sich sicher und geborgen fühlt. An dem es keine Überraschungen gibt, an dem man genau das kriegt was auf der Postkarte ist. Einen langen Sandtrand, Palmen, einen traumhafen Sonnenuntergang, gutes Pad Thai und billiges Bier. Vorausschaubarkeit ist manchmal eben einfach entspannend und auch dringend nötig. Ich war sehr froh, mir diesen kleine Auszeit von Reisen gegönnt zu haben. Es ist bestimmt nicht mein letztes Mal auf Koh Tao.
März 2015.
