Uns zog es wieder ins Hinterland, aber dieses Mal für mehrere Tage. Mandalay wollten wir so schnell wie möglich verlassen. Nur kurz schlafen, zum Frühstück süßes Brot mit Butter und undefinierbarem-marmeladenähnlichem Aufstrich essen und weiter gehts.
Wir sind also wieder mit einem Taxi gefahren, dieses Mal nach Kalaw. Das liegt wieder ca. 200 Kilometer von Mandalay entfernt, aber südöstlich und somit wieder mehr in Richtung Yangon, von wo aus wir Myanmar in einer Woche wieder verlassen sollten. Die Fahrt war ähnlich beengt und langatmig – aber wir kamen schneller voran und erreichten die kleine Stadt Kalaw zur Mittagszeit. Unser Fahrer war sehr bedacht darauf, uns einem speziellen Hotel unterzubringen. Vermutlich gehört dieses einem Verwandten, das Zimmer gefiel uns aber nicht. Darüber hinaus wollten wir Kalaw als Basis nutzen um von hier aus einen mehrtägigen Trek zu starten, im Idealfall hatten wir uns vorstellt wird dies direkt vom Hostel organisiert.
Also sind wir in eine etwas abgelegene Straße gelaufen zu einem Hostel, dass uns im Internet empfohlen wurde. Auch wegen seinem Besitzer und Tour-Guide: Robin. Ein wahrer Glücksgriff. Das Hostel war sehr einfach, leicht verwittert, aber bunt und lebendig – ganz anders als das klinische Hotel von dem Fahrer. Robin nahm uns im Empfang und zog uns auch gleich in seinen Bann. Er sprach bemerkenswertes Englisch und wirkte in seiner Erscheinung mit Turban auch gleich sehr ehrfurchtsvoll. Das Zimmer haben wir sofort genommen und wurden ohne Umwege in Robins Wohnzimmer gebracht. Ein dunkler Raum mit einem ausgesessenen Sofa zum Geschichten erzählen. Er zeigte uns seinen ganzen Stolz: ein Buch, das lange vor Tripadvisor die Empfehlungen Anderer dokumentiert hat. Hier konnten wir nachlesen, dass vor 20 Jahren eine Holländerin mit Robin einen Trek gemacht hatte und begeistert war von seinem Wissen, ein Engländer und seine Frau berichteten von malerischen Sonnenuntergängen und tollen Begegnungen unterwegs.
Wir hätten das Buch nicht gebraucht, wir waren sofort überzeugt, dass wir mit Robin unseren dreitägigen Trek zum Inle Lake machen wollten. Seine Schwester kümmerte sich um alles Organisatorische und darum das unsere Rucksäcke zum Inle Lake gebracht wurden. Den Nachmittag haben wir in dem kleinen Ortskern verbracht, wir haben uns sogar noch andere Anbieter für Trecks angesehen, aber keine konnte uns so überzeugen wie Robin. Zum Abend essen waren wir in einem kleine nepalesischem Restaurant und nachdem wir uns den ganzen Nachmittag davor gedrückt hatten, mussten wir am Abend dann endlich mal unser Tagesgepäck für die drei Tage unterwegs zusammensuchen.
Nach drei Monaten aus – und einpacken hat man eigentlich eine gewisse Routine und weiß ziemlich genau wo was hinpasst und hinkommt in den Rucksack. Den großen Rucksack jetzt aber für drei Tage zurück zulassen und wirklich nur einen kleinen Rucksack zu nehmen, war zumindest für mich viel schwieriger als gedacht. Irgendwie übermüdet und euphorisiert gespannt auf die kommenden Tage, wurde die Packsituation immer alberner. Diese endet damit, dass einen wilden Mix meiner unterwegs gekauften Souvenirs trug, bestehend aus Kimono und Haarschmuck. Wir beschlossen kurzerhand die Rucksäcke Rucksäcke sein zu lassen und die einzige Bar in Kalaw aufzusuchen. Laut der blauen Lonely Planet Bibel sollte es in der Innenstadt eine Bar geben von der Größe eines Kleiderschrankes in dem vor allem die Stadtbewohner anzutreffen sind. In unserem Aufzug waren wir direkt ein Blickfang für den Barkeeper, den Mann mit Motorradhelm auf dem Kopf und einem weiteren Mann mit Gitarre. Außerdem waren noch ein älteres Aussteigerpärchen und ein Franzose in der Bar. Die Stimmung war sowieso schon ausgelassen, da der Gitarrenmann immer wieder Songs anstimme, die der Helm-Mann begeistert mitgröhlte. Der Barkeeper stelle nur wortlos grinsend ständig neuen Schnaps auf die Theke. Das Schweizer Pärchen empfahl uns den Whiskey Sour und ohne viele Gedanken darauf zu verschwenden, dass wir ab morgen täglich über 20 Kilometer in der brütenden Hitze laufen sollten, tranken wir das erste Glas leer.
Ich kann im Nachhinein kaum erklären warum sich dieser Abend so rund, so glücklich angefühlt hat – so als wären wir genau zu perfekten Zeit am richtige Ort gelandet. Den Whiskey Sour schienen wir direkt im Abo gebucht zu haben, das Glas blieb nie lange leer. Der Helm-Mann versuchte immer wieder zu gehen, kaum aus der Tür raus, kam er gleich wieder reingestolpert, nahm unter schallendem Gelächter der anderen wieder Platz und bekam ein neues Glas hingestellt. Das Spielchen wiederholte sich drei Mal. Beflügelt vom Whiskey wollten wir dem Gitarren-Mann dann beibringen mit uns und für uns Wonderwall von Oasis zu spielen. Die Schweizer und der Franzose unterstützen uns lautstark. Krumm und schief sagen wir in dieser Kleiderschrank-Kneipe mit drei Burmesen Wonderwall und freuten uns des Lebens.
Um Mitternacht realisierten wir, dass wir in wenigen Stunden aufstehen mussten, unsere Rucksäcke nicht fertig gepackt waren und wir in keiner Verfassung waren noch weiter zu trinken. Der Helm-Mann verabschiedete sich nun zum vierten Mal und wir ergriffen mit ihm die Chance die Kneipe zu verlassen. Dieses Mal wurde er auch vom Barkeeper begleitet, der den Helm-Mann nun ohne seinen Roller nach Hause begleitete. Wir stolperten zurück zum Hostel, der Franzose musste in die gleiche Richtung und fragte irgendwann warum ich in diesem Aufzug rumlaufe. Eine plausible Erklärung dafür konnten wir ihm nicht liefern. Im schummerigen Licht der Laterne blieb uns nichts anderes übrig, als hektisch die Rucksäcke zu packen, mehr oder weniger ohne Sinn und Verstand aber immerhin mit guter Laune.
Der Whiskey ließ uns gut schlafen, aber nicht gut aufwachen. Um 7 Uhr klopfte Robin begeistert an unsere Tür und ermahnte in einer halben Stunde beim Treffpunkt zu sein.
April 2015.

















