Palomino, Kolumbien. Wilde Karibikküste und endlose Bananenplantagen – ein Backpacker Paradies.

Wie hätte es anders sein können: unser Weg führte uns mal wieder durch Santa Marta, durch den Kreisverkehr und an den Marktplatz. Hier am Busterminal mussten wir nun den richtigen, örtlichen Bus nach Palomino erwischen. Das System mit Heranwinken, Tickets beim Busbegleiter kaufen und auf einen freien Platz hoffen hatten wir ja nun grundsätzlich verstanden. Was außerdem alle Busse gemeinsam haben ist, dass aus den Lautsprechern zu jeder Tages- und Nachtzeit laute Reggaeton Musik dröhnt und natürlich gibt es keine Klimaanlage sondern nur offene Fenster.

Wir ergatterten zwei Plätze nebeneinander, die Rucksäcke wirft man in den Bussen neben den Fahrer und fuhren 3 Stunden lang über die holprigen Straßen – wir kamen an dem Tyrona Nationalpark vorbei (meine Magenverstimmung vom Park hatte inzwischen Andi erreicht) und schwelgten in gemischten Erinnerungen… Nach dem Nationalpark folgten endlose Bananenplantagen. Kilometerlange Felder – und ab und zu stiegen die Arbeiter von den Plantagen mit ihren langen Macheten am Gürtel befestigt im Bus zu. Männer jeden Alters mit sonnengegerbter Haut und müden & mürrischen Gesichtern. Wir rutschten ein wenig enger zusammen und nickten ihnen freundlichen zu. In den Plantangen standen immer mal wieder riesiger LKWs mit ‚Dole‘ Aufdrucken und wir schmunzelten, ‚hier kommen die also her‘.

Im Dunkeln kamen wir auf der staubigen Hauptstraße in Palomino an. Auf den offline Karten, die wir uns runtergeladen hatten, konnten wir sehen, dass unser Hostel eigentlich leicht zu finden an der einzigen Straße zum Meer liegen sollte. Distanzen zeigen die Karten aber nicht an, also gingen wir lieber auf Nummer sicher und stiegen in ein TukTuk. Das sollten wir nicht bereuen, nach 15 Minuten äußerst wackeliger Fahrt auf der ungeteerten und unbeleuchteten Straße, vorbei an einigen Bretterbuden und Restaurants, in denen einige Backpacker saßen und vor denen Straßenmusiker versuchten ein bisschen Geld zu erspielen, erreichen wir unser Hostel. Wir waren sehr erleichtert und glücklich, dass wir die Kunst des lokalen Busfahrens gemeistert hatten und hatten bei dem Örtchen direkt ein gutes Gefühl.

Wir hatten Kolumbien als unser erstes Land ausgewählt, weil wir richtig Lust auf Meer und Strandleben hatten. Und an unserem ersten Morgen Palomino liefen wir also nach dem Frühstück nun endlich einen kleinen Sandpfand entlang und vor uns tat sich die wilde Karibikküste auf nach der wir uns so gesehnt hatten.

Kilometerlanger, weißer Strand, keine Bettenburgen weit und breit, kein begradigtes Meer, keine Strandverkäufer – nur das wilde karibische Meer und wir. Wir suchten uns schnell einen schattigen Platz unter einer Palme und rannten in die hohen Wellen. Endlich Salzwasser!! Wir verbrachten die nächsten zwei Tage damit intensiv das Strandleben zu genießen und nahmen uns endlich die Zeit unsere weitere Zeit in Kolumbien zu planen und schließlich auch die Anreise nach Brasilien zu durchdenken.

Wir hatten die wilde Idee mit einem Schiff über den Amazonas von Kolumbien nach Manaus, Brasilien zu reisen, recherchierten viel und lange und mussten zu dem Entschluss kommen, dass uns das entweder zu viel Geld oder zu viel Zeit kostet. Kolumbien hatte jetzt schon unsere Erwartungen übertroffen und wir wollten unsere Zeit hier gut ausnutzen. Andererseits war am 12.02. Karneval in Rio – und den wollten wir auf keinen Fall verpassen. Wir trotzten dem schlechten Internet, verbrachten Stunden auf Flugportalen, ärgerten uns über angeblich ausgebuchte Flüge und kurzfristige Preiserhöhungen. Letztendlich war der günstigste und praktischste Flug, den wir buchten, über Panama.

Wir probierten uns durch die Restaurants der einzigen Backpackerstraße, aßen hervorragende Pizza, mittelmäßigen Crepes und snackten Bananen mit Rewe Bio Aufkleber. Zum ersten Mal hatten wir hier das Gefühl auf eine tatsächliche Backpacker Szene zu treffen, entsprechend viele Hostels mit gut ausgebauten Chillout Areas und Pools gibt es hier, Yogastunden, nette Cafes und unzählige Straßenhändler mit selbstgehäkelten Bikinis und Armbändchen. Die Gespräche mit anderen Reisenden drehten sich leider oft um das „Mein Haus, Mein Auto, meine Frau“ eines Backpackers. Leute, die nutzlose Tipps geben, wo man unbedingt mal hin muss, wie individuell der Norden von Thailand ist und dass es die besten Smoothies in der Gasse, hinten links in Hanoi gibt. Vielleicht sind wir dem klassischen Backpackertum etwas entwachsen.

Umso erfrischender war die Begegnung mit einer Münchnerin, die sich als Köchin eine 4-monatige Auszeit genommen hatte und aus Protest den Machu Picchu nicht bestiegen hatte, weil ihr der Hype darum so auf die Nerven ging, und die das Gefühl hatte sie wüsste durch Social Media sowieso schon wie es dort aussieht.

Am letzten Tag wollten wir Tuben gehen – also in einem ausrangierten Autoreifen einen Fluss entlang treiben lassen. Ich hatte dies schonmal in Laos gemacht, hier ist das Tuben aber eher eine Ausrede um in sich in Flussnähe zu betrinken. In Palomino kann man das schon als Naturerlebnis verstehen. Wir liehen uns auf der Straße zwei Autoreifen und zwei halbstarke Jungs fuhren uns auf ihren Motorrädern mit dem Autoreifen überm Arm zum Rio Palomino. Die zweite Motorradfahrt als Beifahrer, die eher abenteuerlich als entspannt war. Auf unserem Weg auf der Schotterpiste durch den Urwald kamen uns immer wieder Kogi-Indianer entgegen. Die Ureinwohner der Sierra Nevada de Santa Marta tragen meist weiße Gewänder und die für sie typischen gestreiften Umhängetaschen. Auf kleinen Pferden reitend schauten sie uns gleichgültig an, mal wieder fiel uns auf, wie wenig wir eigentlich über die Region hier wissen.

Von dem Punkt aus, wo die zwei Jungs uns von ihren Motorrädern herunter ließen war es noch mal eine gute halbe Stunde zu Fuß durch unwegsames Dschungelgelände bis zum Einstieg in den Fluss. Eine Gruppe von Stand-up Paddlern half uns in die Tubes und gab einen ersten Anschub, unterwegs passierten uns nur wenige andere Tuber. Die Flusslandschaft ist wirklich schön und man hat einen einzigartigen Blick auf den Urwald, der Flusslauf ist allerdings nicht wirklich schnell und nach eine Stunde rumdümpeln kann das auch mal langweilig werden. Für ein wenig Adrenalin sorgte eine gelbe Wasserschlange, die den Fluss von links nach rechts kreuzte und uns mit einem mulmigen Gefühl zurück ließ. Ob hier noch mehr wilde Tiere herumschwammen, vor denen wir Angst haben sollten?

Grade das letzte Stück war wirklich langatmig und statt Dschungelufer schwimmt man nur noch durch Gräserfelder. Der Ausstieg war dann direkt am Strand und wir warfen eine letzten Blick an die Küste, die uns so gut gefallen hatte.

Am Abend stand uns wieder ein kleiner Transport Marathon bevor. Vom Hostel aus ließen wir uns von Motorradtaxen vor zur Hauptstraße vorfahren, hier hüpften wir inzwischen routiniert in den örtlichen Bus nach – ihr könnt es fast erraten – Santa Marta. Bevor die endlosen Bananenplantagen kommen, fährt der Bus lange Zeit direkt am Meer entlang, die Sonne ging langsam unter und tauchte den Himmel in ein lila Licht. Auf der Rückfahrt waren die zugestiegenen Plantagenarbeiter auch nur noch halb so gruselig und beseelt von den entspannten Tagen in diesem Backpacker Paradies ohne geteerte Straßen kamen wir in unserem Lieblingskreisverkehr vor Santa Marta an. Wir schnappten uns ein Taxi und fuhren zum Busterminal. Hier sollte uns der Nachtbus dann wieder ins Landesinneren nach San Gil bringen.

Hinterlasse einen Kommentar