Eingecheckt ins Hotel um 4:00 Uhr nachts nach der absoluten Horroranfahrt und direkt ins Koma gefallen. Aufgewacht, geduscht, wieder wie ein Mensch gefühlt und fast ohne Erwartungen in die Stadt gelaufen auf der Suche nach Essen. Zu allem Überfluss hatte Felix auch Magenprobleme, ob die von den Valium im Bus, der nervigen Anreise, dem Verlust von Julian, den durchzechten Nächte in Hanoi oder dann doch vom Essen kamen – wer weiß dass schon so genau. Wir haben uns also am ersten Tag mehr wie ein merkwürdig verkatertes und angeschossenes Reh durch die Straßen bewegt.
War Vang Vieng bis vor kurzem noch berühmt berüchtigt für die ausschweifenden Parties rund um Tubing ist es nun wieder ein eher verschlafenes Dörfchen mit vielen Cafes, die auf hohen Stelzen über dem Fluss stehen und in denen entweder Friends oder Family Guy läuft. Erst wenn gegen Abend die ersten vom Tubing zurückkommen, kann man erahnen wie es hier vor ungefähr fünf Jahren zugegangen ist. Nachdem mehrere Menschen infolge von übermäßigem Drogen und Alkoholkonsum und wahnwitzigen Ideen gestorben sind, wurde das ausufernde Tubing von der Regierung verboten.
Nach dem doch recht kalten und regnerischen Tagen in Vietnam, war Laos eine angenehm warme Abwechslung. Auch das Licht ist ganz anders, wärmer, „brauner“ und goldener. Die Landschaft ist unglaublich, Vang Vieng liegt umgebene von riesigen grün bewachsenen Kreidefelsen, neben dran plätschert ein Fluss, der außerhalb der Regenzeit wirklich sehr harmlos aussieht. Auf den ersten Blick hat mir Laos wahnsinnig gut gefallen. Grade im Vergleich zu Vietnam ist Laos wesentlich entspannter, zurückhaltender, nicht so hektisch. Die Verkäufer springen einem nicht in den Schoß um etwas loszuwerden, sondern man muss aktiv auf die Laoten zugehen, wenn man etwas kaufen will. Klingt banal aber ist wirklich entspannend, wenn nicht sofort angeschrien wird und Wasser, Pringels oder Schokoriegel unter der Nase kleben hat. „Hello Miss, you want to buy something?, Hello!! Miss!!! Hello, Hello! Pringels? Water? Yes? Miss! Hello!!!!“ Is ja gut, beruhig dich mal.
Den ersten Tag haben wir wirklich nur mit Café Hopping verbracht. Frühstück im Jungle Cafe, in dem der bekiffte Besitzer nach unsere Bestellung dann mal losgefahren ist um Früchte, Joghurt und Müsli einzukaufen. Mittägliche Frühlingsrollen dann in einem der Cafés überm Fluss mit Bergpanorama, wo die Sitzecken mehr Liegeecken sind in denen man bei dem atemberaubenden Blick so vor sich hindöst. Nachmittags dann über eine klapperige Holzbrücke zum Smiley Beach mit offene Hütten, Hängematten und Flussblick. In dem Fluss springen kreischende laotische Kinder rum, vorbei fahren Kayaks mit übermotivierten kreischenden Koreanern und ab und zu mal verirrte Tuber, die versuchen aus dem Reifen auszusteigen. Und wir liegen dösend in der Hängematte und kommen langsam an und vor allem runter.
Solche Tage sind verlockend, das süße Nichtstun in einzigartige Natur macht Lust auf mehr von diesen Tagen. Aber dafür ist Vang Vieng fast zu schade, also haben wir uns am nächsten Tag ein klapperigen Roller gemietet und uns auf die Suche nach der Blue Lagoon gemacht. Man kann dort auch mit einem TukTuk hinfahren, das „erspart“ das rumsuchen. Aber das wäre ja langweilig. Also rauf auf den Roller und zuerst versuchen auf der ultraschmalen Holzbrücke weder umzufallen noch zu hyperventilierten, weil alles knarzt und wackelt. Dann rauf auf die Buckelpiste. Wir wussten aus Erzählungen, dass die Strecke zur Lagune nicht ohne ist und alles andere als asphaltiert aber durchaus sehenswert bzw. erlebenswert.
Wenn ich es mir aussuchen kann, sitze ich lieber hinten auf dem Roller drauf anstatt selber zu fahren. Ich mag es sorglos mich an meinem Fahrer fest zuhalten und mir links und rechts die Landschaft anzuschauen. Vorbei ruckelnden Rollern mit interessiert guckenenden Kinder zu winken, Sonne auf der Nasenspitze, Fotos machen und staunen. Die Strecke war abendteuerlich, verfahren haben wir uns natürlich auch. Und so standen wir mit ein vier Engländern dann an einem braunen Tümpel und haben versucht uns einzureden, dies sei die blaue Lagune von der alle schwärmen. War natürlich Quatsch.
Also haben wir zusammen mit den anderen weitergesucht und waren schließlich erfolgreich. Die Lagune ist wirklich schön, aber völlig überlaufen. Man kriegt kaum einen Platz im Wasser vor lauter Koreanern, die aussehen als wären sie einmal durch den Outdoor Laden gestürmt und hätten alles mitgenommen was sie tragen konnten. Von einem Baum kann man entweder den hohen Sprung aus gefühlt 8 Metern machen oder vom Equivalent eines Dreiers springen, zudem gibt es Schaukeln und Schwingseile.
An nächsten Tag waren wir mit fünf Kanadiern und zwei Israelis klettern. Das letzte Mal hing ich an einem Kletterseil, als ich grade eingeschult wurde. Dementsprechend nervös war ich, aber wie bei vielen von solchen Outdoor Aktivitäten galt auch hier, einatmen, ausatmen, weitermachen. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Wir waren hauptsächlich in einer Felsspalte bei der es verschiedene Wege rauf gab. Bei einer Route musste man über bzw. um eine Wurzel klettern, die wie ein Vorsprung aus dem Stein hervorguckte. Beim ersten Mal bin ich daran verzweifelt aber es hat mir keine Ruhe gelassen und beim zweiten Mal hab ich es auch da bis nach ganz oben geschafft. Erlebnisse wie diese zeigen einfach immer wieder, wie gut es tun kann sich mal an den Rande seiner Komfortzone zu bewegen. Angst zu bekommen und Angst zu überwinden. Nicht aufzugeben, sondern so lange zu probieren bis es klappt.
Mit der kanadische Crew (Heather, Alex, Kyli, Anne, Ed) waren wir auch einen Abend essen. Ed wollte seine Freundin Kyli mit einer verspäteten Torte zum Geburtstag eine Freude machen und hat mir gleich auch noch eine mitbesorgt, als er erfahren hat dass mein Ehrentag auch erst ein paar Tage zurück liegt. Dieses Mal gabs auch normale Kerzen zum auspusten. Ein anderes Mal waren wir bei einem Exil Österreicher essen – SCHNITZEL. So richtig, in Panade. Und richtiger Salat, mit BALSAMICO Dressing – da flippste aus.
Das Nachtleben in Vang Vieng ist etwas speziell, es gibt eigentlich nur zwei Bars in die man geht: Sakura und Kangaroo – und diese zwei haben verheerende Whiskey Happy Hours. Von 21-22:00 Uhr gibts es in der Sakura Bar Whiskey umsonst, von 22-22:30 Uhr dann im Kangaroo. Und wenn man so schlau war und sich vorher im Sakura einen Stempel geholt hat, kriegt man dort nach 22:30 Uhr noch ein Freigetränk. Wir haben beschlossen nicht zu hinterfragen, warum das alles so ist und wie dann Geld verdient wird. Man pendelt also zwischen den Bars – die auch nur 100m von einander entfernt sind hin und her, zwischen Beer Pong und Billiard und zwischen Lachgas und Theke. Mittendrin haben wir auch noch John und Jenny von der Dalat/Vietnam Crew gefunden. Danach gibts es noch genau einen Club, der aufhat und wo alle wie beim Almabtrieb nach Mitternacht hingetrieben werden. Über Interior Design kann man hier ebenfalls nicht viel sagen, außer es gibt eine Bar, eine Tanzfläche und ein DJ Pult. Sobald der DJ Gangam Style auflegt, drehen die Koreaner durch und rette sich wer kann. Nach dem Feiern locken die Sandwich und Pancake Damen und schließlich fällt man todmüde ins Bett.
Das ganze ist aber gutes Training fürs Tuben. Natürlich, die wilden Zeiten sind abgeblich vorbei, Spaß macht es trotzdem. Morgens holt man sich bei der Schwimmring Mafia seinen Autoreifen und lässt sich vom TukTuk zum Fluss fahren. Da grade Trockenzeit ist, fällt das tatsächliche auf dem Fluss dümpeln eher kurz aus. Viel interessanter sind eh die Stops an den Bars. Kaum ist man ein paar Minuten den Fluss runtergeschippert, werfen halbwüchsige Laoten Seile ins Wasser und ziehen einen an Land. Die Bars bieten Matsch Volleyball, Beer Pong und Whiskey Shots zu jedem Bier. Pro gekauftes Getränk gibt es ein kleines Armband. Verräterische Armbänder, die diejenigen kennzeichnen, die den Wolle-Petry Gedächnislook am Handgelenk tragen und wohl schon den ein- oder anderen Tag im Reifen verbracht haben. Man trägt die Bänder mit einer Mischung aus Scham und Stolz.
Nach ein – bis zwei Stunden schippert man zur nächsten Bar, mit steigendem Pegel wird es zunehmend unterhaltsamer aus dem Ring aufzustehen. In der dritten Bar war das absolute Highlight der Fake DJ. Man nehme: ein DJ-Pult, eine alte Kochplatte, ein leicht zu überzeugendes Publikum und einen guten Schauspieler. Heraus kommt, eine Menge die den DJ feiert. In Wirklichkeit dreht der ambitionierte Backpacker nur imagniäre Knöpfe und hält sich Luft ans Ohr. Sieht von weitem überzeugend aus erst wenn man selber auf dem DJ Pult steht bemerkt man den Schwindel und freut sich gleichzeitig über die Gutgläubigkeit der Massen.
Vielleicht möchte man sich auch einfach der Illusion hergeben. Zu den weiteren Skurrilitäten gehört ein Japaner, der ein Sailermoon Kostüm bei sich trägt, es blonden Mädels überstülpt und dann Fotos macht. No questions asked. Betrunkene Amerikaner klettern den Pfahl in der Mitte hoch und nebenbei entwickelt sich der Schlamm Volleyball zum Schlammcatchen. Und ja, das ist die abgeschwächte Version des Tubes. Mittem in Sodom und Gomorrah treffen Felix und ich Nico wieder, den ich in Hoi An kennengelernt habe. Pünktlich um 18:00 Uhr muss man die Tubes zurück geben. Böse Zungen behaupten, dass die TukTuk Fahrer extra langsam fahren, damit man den Aufpreis für die verspätete Rückgabe zahlen muss. Wir waren pünktlich genug dran und hatten die Freude die Ladefläche mit einem so dermaßen betrunkenen Kanadier zu teilen, dass es ein Wunder war, dass wir ihn später am Abend noch aufrecht gehend wieder gesehen haben.
Vang Vieng lebt wohl vom Gegensatz: die unglaubliche Natur und Outdoor-Möglichkeiten plus Eskalation. Man kann beides wunderbar umgehen oder sich voll reinstürzen. Der Ort und die Leute sind angenehm unaufgeregt und entspannt. Das goldene Licht tut sein Übriges. Vang Vieng waren sehr intensive Tage mit tollen Leuten, täglich neuen Eindrücken und Erlebnissen. Ich wäre gerne länger geblieben.
März 2015.

Super Blog. Muss da auch mal hinfahren. 👍
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